Aktuelles

BGH: Unterhaltsbedarf des Ehegatten bei stationärer Pflege

Wird ein Ehegatte stationär pflegebedürftig, so entsteht ihm ein besonderer persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. In diesem Fall richtet sich der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise auf Zahlung einer Geldrente.

Ein solcher Unterhaltsanspruch setzt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus. Der dem Unterhaltsschuldner mindestens zu belassende Eigenbedarf kann in zulässiger Weise nach dem in der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen sogenannten eheangemessenen Selbstbehalt bemessen werden.
Az XII ZB 485/14, Beschluss vom 27.4.2016

BGH: Isolierter Kindergeldausgleich beim Wechselmodell

Das auf der Grundlage des Einkommensteuergesetzes gewährte staatliche Kindergeld wird gemäß §§ 31 Satz 3, 62 ff. EStG als vorweggenommene Steuervergütung an die Eltern gezahlt. Auch wenn beide Elternteile jeder für sich genommen die Voraussetzungen der §§ 62 f. EStG für die Gewährung von Kindergeld erfüllen, wird nach § 64 Abs. 1 EStG nur an einen der beiden Anspruchsberechtigten die Auszahlung des (gesamten) Kindergelds vorgenommen.

Umstritten ist beim Vorliegen eines Wechselmodells die Aufteilung des gesetzlichen Kindergelds zwischen den Elternteilen. Eine Vollanrechnung des gesetzlichen Kindergelds auf den Barunterhaltsbedarf würde dazu führen, dass der Kindergeldausgleich im Hinblick auf die im Wechselmodell gleichwertig erbrachten Betreuungsleistungen zu Gunsten des besserverdienenden Elternteils verzerrt würde.

Es erscheint deshalb ebenfalls nicht angemessen, den in einem deutlich größeren Umfang zum Barunterhalt herangezogenen Elternteil wirtschaftlich lediglich durch die Hälfte des auf den Barunterhalt entfallenden Anteils am Kindergeld zu entlasten.

Auch wenn ein Elternteil nur über Einkünfte unterhalb des notwendigen Selbstbehalts verfügt und sich deshalb an der Aufbringung des Barunterhalts nicht beteiligen muss, kann er von dem anderen Elternteil im Wege des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs jedenfalls die Auskehrung eines Viertels des Kindergelds nämlich die Hälfte des auf den Betreuungsunterhalt entfallenden Anteils am Kindergeld verlangen.

Es gibt keinen ausreichenden Grund, den Eltern beim Vorliegen eines Wechselmodells in jedem Einzelfall eine von ihnen möglicherweise gar nicht gewünschte unterhaltsrechtliche Gesamtabrechnung unter Einschluss des Kindergeldausgleichs aufzuzwingen; es ist vielmehr nicht von vornherein ausgeschlossen, einen Anspruch auf Auskehrung des Kindergelds selbständig geltend zu machen, wenn und solange es an einem unterhaltsrechtlichen Gesamtausgleich zwischen den unterhaltspflichtigen Eltern fehlt. Jedenfalls kann der Anspruch auf Kindergeldausgleich beim Wechselmodell isoliert ohne gleichzeitige Abrechnung des Gesamtunterhalts geltend zu gemacht werden.
Az XII ZB 45/15, Beschluss vom 20.04.2016

OLG Hamm: Wechsel der elterlichen Obhut bei gemeinsamer elterlicher Sorge

Wechselt während des Kindesunterhaltsverfahrens die elterliche Obhut über das minderjährige Kind, so ist im Fall gemeinsamer elterlicher Sorge eine Vertretung durch den bisherigen Inhaber der Obhut nicht mehr zulässig.

Der bisherige Inhaber der elterlichen Obhut kann auch nach dem Entfall seiner Vertretungsbefugnis noch eine Erledigungserklärung abgeben. Hingegen ist ein Beteiligtenwechsel jedenfalls in der Beschwerdeinstanz nicht mehr zulässig.
Az 6 UF 54/15, Beschluss vom 14.4.2016

OLG Hamm: Mitwirkung an Mietvertragsentlassung schon vor der Scheidung

Ein Ehegatte überlässt nach der Trennung dem anderen Ehegatten die gemeinsam gemietete Ehewohnung zur alleinigen Nutzung. In diesem Fall kann er bereits während der Trennungszeit und nicht erst nach Rechtskraft der Scheidung verlangen, dass der Ehegatte, der in der Wohnung bleibt, an der Erklärung gegenüber dem Vermieter mitwirkt, durch die der ausgezogene Ehegatte bei der Scheidung aus dem Mietverhältnis ausscheidet. Der Ehegatte, der in der Wohnung bleibt, kann seine Mitwirkung auch nicht davon abhängig machen, dass sich die Ehegatten zuvor über die Verteilung der Kosten geeinigt haben, die das Mietverhältnis betreffen.
Az 12 UF 170/15, Beschluss vom 21.1.2016, OLG-Pressemitteilung

LAG Sachsen: Aufhebung der PKH bei unterlassener Mitteilung einer Einkommensverbesserung

Die Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen unterlassener Mitteilung der Verbesserung der Einkommensverhältnisse hat Sanktionscharakter und ist nach dem Willen des Gesetzgebers für den Regelfall die angemessene Sanktion für einen Verstoß gegen die Mitteilungspflicht. Bei unterlassener Mitteilung ist nicht Voraussetzung, dass dies absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit erfolgte. Das Ausmaß eines eventuellen Verschuldens ist bei der Frage zu prüfen, ob ein atypischer Fall vorliegt und fließt in eine unter Umständen zu treffende Ermessensentscheidung ein.
Az 4 Ta 285/15 (3), Beschluss vom 23.2.2016

OLG Dresden: neue Unterhaltsleitlinien 2016

Zum 01.01.2016 hat das OLG Dresden neue Unterhaltsleitlinien 2016 veröffentlicht.

OLG Düsseldorf: neue Düsseldorfer Tabelle 2016

Zum 01.01.2016 hat das OLG Dresden die neue Unterhaltstabelle 2016 veröffentlicht.

BGH: Auskunftsanspruch des Scheinvaters

Es geht um den Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter des Kindes auf Mitteilung des möglichen Erzeugers. Durch die Mitteilung der Mutter, der mögliche Erzeuger oder dessen Name sei ihr nicht bekannt, wird der Auskunftsanspruch nicht erfüllt. Die Mutter kann aber geltend machen, dass die fehlende Kenntnis es ihr unmöglich macht, den Anspruch zu erfüllen. Dazu gehört auch der Vortrag und erforderlichenfalls der Beweis, dass sie die ihr unter den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Erkundigungen eingeholt hat.
Az XII ZB 201/13, Beschluss vom 2.7.2014

OLG Celle: Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern

Auch nach Erlass des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16. April 2013 und unter Geltung des gesetzgeberischen Leitbildes der gemeinsamen elterlichen Sorge kommt deren Aufhebung etwa dann in Betracht, wenn ein Elternteil wegen schwerer Straftaten zum Nachteil des anderen (hier: mehrfache Körperverletzung und Vergewaltigung) rechtskräftig verurteilt ist und die entsprechenden Taten nach wie vor in Abrede nimmt.
Az 10 UF 91/14, Beschluss vom 19.5.2014

Unterhaltsleitlinien ab 01.01.2014

Nach dem 9. Existenzminimumbericht ist eine geringfügige Anhebung des Kinderfreibetrages (§ 32 Abs. 6 S. 1 EStG) unausweichlich. Wann und in welchem Umfang eine Gesetzesänderung erfolgen wird, ist aktuell noch nicht abzusehen. Daher bleiben die Sätze der Düsseldorfer Tabelle ab dem 01.01.2014 zunächst unverändert. Aktuell gelten daher die Unterhaltsleitlinien des OLG Dresden für 20103 unverändert fort. www.justiz.sachsen.de/olg/

BGH: Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei krassem Fehlverhalten

Die Härteklausel des Art.17 Abs.3 Satz 2 letzter HS EGBGB steht einer Anwendung des Verwirkungseinwandes als eigenständigem Rechtsinstitut entgegen. Das persönliche Fehlverhalten eines Ehegatten in der Trennungszeit rechtfertigt den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nur ausnahmsweise. Denn der Versorgungsausgleich soll die verfassungsrechtlich geschützte Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam geschaffenen Versorgungsvermögen gewährleisten. Der Ausschluss wird nur dann gerechtfertigt, wenn das Fehlverhalten besonders krass ist und die Durchführung des Versorgungsausgleichs deshalb unerträglich erscheint.
Az. XII ZB 176/12, Beschluss vom 16.10.2013

BGH: Lottogewinn fällt in den Zugewinnausgleich

Ein Ehepaar trennte sich nach 29 Jahren Ehe, aus der drei Kinder hervorgegangen waren. Der Mann lebte anschließend mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen. Mit ihr gemeinsam erzielte er einen Lottogewinn von fast einer Million Euro. Erst nach dem Gewinn, nach jahrelanger Trennungszeit, reichte der Mann die Scheidung ein. Die Ehefrau machte daraufhin unter Berücksichtigung des Gewinnanteils des Mannes einen Zugewinn geltend, also in Höhe eines Viertels des Gesamtgewinns. Das Amtsgericht gab dem Antrag in vollem Umfang statt, aber das OLG gestand ihr lediglich eine Zahlung von 8.000 Euro zu. Der BGH indes entschied wie das Amtsgericht: Der Gewinnanteil wird vollständig in die Berechnung des Zugewinnausgleichs einbezogen. Denn der erzielte Lottogewinn kann nicht in entsprechender Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB als privilegierter Vermögenszuwachs angesehen werden, weil diesem Vermögenserwerb keine der Erbschaft oder Schenkung vergleichbare persönliche Beziehung zugrunde liegt. Auch auf eine grobe Unbilligkeit kann sich der Ehemann nicht berufen. Eine längere Trennungszeit begründet keine unbillige Härte.
Az XII ZB 277/12, Beschluss vom 16.10.2013

OLG Hamm: Kein Unterhalt bei Anspruch auf BAFöG-Leistungen

Ein Kind kann von seinen Eltern keinen Unterhalt verlangen, soweit es seinen Unterhaltsbedarf durch BAföG-Leistungen decken kann. Das ist auch dann der Fall, wenn die Leistungen zum Teil als Darlehen gewährt werden. Ein volljähriges Kind, das sich im Studium befindet, muss darstellen und belegen, dass ihm bei rechtzeitiger Antragstellung keine Ausbildungsförderung gewährt worden wäre. Solange ein Antrag des Kindes auf BAföG-Leistungen nicht von vornherein aussichtslos ist, ist eine solche Antragstellung auch zumutbar.
Az 2 WF 161/13, Beschluss vom 26.9.2013

Gemeinsames Sorgerecht für nicht miteinander verheiratete Eltern

Am 19.5.2013 trat das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern in Kraft. Damit wird dem Vater die Möglichkeit eingeräumt, die elterliche Mitsorge auch dann zu erlangen, wenn die Mutter nicht erklärt, diese gemeinsam mit ihm ausüben zu wollen. Die gemeinsame Sorge soll auch entstehen, wenn das Familiengericht sie den Eltern auf Antrag eines Elternteils überträgt. Dabei soll das Gericht regelmäßig die Übertragung der gemeinsamen Sorge beschließen, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. Schweigt der andere Elternteil oder trägt er keine relevanten Gründe vor, sind solche Gründe auch für das Gericht nicht ersichtlich, besteht künftig eine „gesetzliche Vermutung“, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. Bisher stand nicht miteinander verheirateten Eltern die elterliche Sorge nur dann gemeinsam zu, wenn sie übereinstimmende Sorgeerklärungen abgaben oder einander heirateten. Nicht verheiratete Väter hatten bislang keine Möglichkeit, gegen den Willen der Mutter das gemeinsame Sorgerecht zu erlangen. Diesen Zustand hatten der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Bundesverfassungsgericht beanstandet.